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Sparkassen-Zeitung

Zahlungsverzug aktiver bekämpfen

"Ich gebe Ihnen die Hälfte, vor Gericht bekommen Sie auch nicht mehr." Solche Ausreden müssen sich Handwerker zahlungsunwilliger Kunden öfter anhören. Brüssel will der schlechten Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr deshalb mit einer neuen Zahlungsverzugsrichtlinie entgegenwirken.


Die sinkende Zahlungsmoral in Deutschland ist für viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe nach wie vor ein aktuelles Thema. Zwar sind laut der von Creditreform durchgeführten Frühjahrumfrage 2012 die Handwerksbetriebe mit der Zahlungsmoral ihrer Kunden zufriedener als im Vorjahr, allerdings bleibt sie insgesamt gesehen weiterhin schlecht. 2012 haben immerhin noch 3,5 Prozent der befragten Handwerksbetriebe das Zahlungsverhalten ihrer Kunden mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewerteten (Vorjahr: 4,9 %). Zugleich haben 41,3 Prozent der befragten Betriebe die Noten „befriedigend“ oder „ausreichend“ vergeben (Vorjahr: 45,4 %). Demgegenüber haben allerdings auch 55 Prozent der Befragten das Zahlungsverhalten ihrer Kunden als „sehr gut“ oder „gut“ eingestuft (Vorjahr: 49 %). 

Zahlungsfristen werden länger
Im Hinblick auf die Zahlungsfristen und die Forderungsausfälle zeigt sich allerdings ein noch negativeres Bild: Insgesamt mussten − wie auch bereits im Vorjahr − knapp 88 Prozent der Handwerker maximal 30 Tage lang warten, bis ihre Forderungen von einem privaten Auftraggeber beglichen wurden. Kam der Auftraggeber aus dem öffentlichen Sektor, haben sogar nur 68,3 Prozent der befragten Handwerker ihr Geld innerhalb von 30 Tagen erhalten. Rund ein Drittel der Handwerker oder 29,1 Prozent haben bis zu 90 Tagen und 2,6 Prozent der Handwerker mehr als 90 Tage auf ihr Geld warten müssen, wenn der Auftraggeber aus dem öffentlichen Sektor kam. Ein Blick auf die Forderungsausfälle zeigt zudem, dass 15,5 Prozent der deutschen Handwerksbetriebe einen Verlust von mehr als einem Prozent im Verhältnis zum Umsatz hinnehmen mussten. Bei 40,7 Prozent der Befragten betrug der Verlust bis zu einem Prozent und 28,4 Prozent hatten einen Verlust von weniger als 0,1 Prozent des Umsatzes zu beklagen. 

Säumige Zahler in die Schranken weisen
Was bleibt sind Frust und in vielen Fällen reale Existenznot. Die „Vogel- Strauß-Politik“ hilft hier jedoch nicht weiter. Vielmehr ist eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der rechtlichen Materie geboten, um zahlungsunwillige Kunden − egal ob privat, gewerblich oder öffentlich − schnell und konsequent in ihre Grenzen zu weisen. Denn auch im Werkvertragsrecht gibt es eindeutige Regeln, auf die sich der Handwerker berufen kann und die er dazu nutzen kann, um dem Kunden die Grundlage für sein vorsätzliches Nichtbezahlen zu entziehen. 

Fazit
Die neue EU-Richtlinie und die damit verbundene nationale Umsetzung ist als ein Schritt in die richtige Richtung anzusehen, auch wenn derzeit noch offen bleibt, ob sie den gewünschten Erfolg bringen wird. Ein fataler Irrweg stellt hingegen die geplante Halbierung der Wohlverhaltensperiode im Verbraucherinsolvenzverfahren im Rahmen der Insolvenzrechtsreform von aktuell sechs auf drei Jahre dar, da sie die Interessen der Gläubiger stark gefährden kann. Gemäß der Aussage von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger soll die verkürzte Wohlverhaltensperiode, trotz des höheren Aufwands die Voraussetzungen zu erfüllen, ein Ansporn für den Schuldner sein, schneller die Chance für einen Neustart zu erhalten. In Einzelfällen mag dies sicherlich gerechtfertigt sein. In vielen anderen Fällen wird die neue Regelung, dass sich Verbraucher nun noch schneller aus ihrer „Schuldenkarriere“ retten können, jedoch dazu führen, dass diese einen noch geringeren Anreiz haben werden, den Handwerker trotz mängelfreier Arbeiten zu vergüten. Demnach bleibt es dem Handwerker auch zukünftig nicht erspart, sich über aktuelle rechtliche Gegebenheiten zu informieren und sich im Falle von Rechtstreitigkeiten praktische Unterstützung zu holen.
Quelle: Sparkassen-Zeitung vom 9.1.2013, Autoren: Prof. Dr. Diethard B. Simmert ist Studiengangsleiter Corporate Finance an der International School of Management (ISM) in Dortmund, Frankfurt/M. + Hamburg. Carmen Mausbach ist freie Wirtschaftsjournalistin in Niederkassel. 

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